Meine Haltung

Diese Seite wird aktuell im Dark-Mode angezeigt, weil auf Ihrem Gerät in den Systemeinstellungen der Dark-Mode aktiviert ist.

Ich verstehe mich als Lernende in Suchbewegungen auf dem Weg zu einer gerechteren, diskriminierungs- und gewaltfreieren Gesellschaft, Pädagogik, beruflichen Praxis und Politik.

Dabei ist mir an einer guten Balance zwischen einerseits Wertschätzung individueller Verschiedenheit, Vielfalt und individueller Selbstbestimmung und andererseits Solidarität, Care und gemeinsamer Verantwortungsübernahme gelegen. Hierfür ist aus meiner Sicht eine herrschaftskritische Analyse und Praxis notwendig, die gleichzeitig wohlwollend mit den einzelnen Menschen umgeht. Andernfalls kann es leicht geschehen, oft entgegen den eigenen guten Intentionen, in gesellschaftlich erlernte Muster zu verfallen, die Diskriminierung und Gewalt befördern und den Blick auf die Bedarfe und Ressourcen der einzelnen Menschen verstellen.

Die gesellschaftlichen Realitäten, in denen diese Suchbewegungen stattfinden, sind sehr komplex. Eines meiner zentralen Anliegen ist daher die Stärkung von Handlungsfähigkeit in Komplexität.

Bewusster Umgang mit Spannungsfeldern

Dafür ist meines Erachtens die Beschäftigung mit Spannungsfeldern ein zentraler Schlüssel. Spannungsfelder zu identifizieren, unterstützt oft dabei, herausfordernde Situationen, Konflikte und Enttäuschungen zu verstehen. Sie auszuloten, kann dabei helfen, Polarisierungs- und Konkurrenzdynamiken entgegenzuwirken. Dies kann Bündnisfähigkeit sowie solidarische Umgangsweisen und die Fähigkeit zu solidarischer Kritik stärken.

Auf dieser Grundlage fällt es oft leichter, zwischen verschiedenen Handlungsoptionen abzuwägen und Konflikte konstruktiv und solidarisch auszuhandeln und als Gelegenheit zu verstehen, gemeinsam zu lernen. Eine Beschäftigung mit Spannungsfeldern kann es so ermöglichen, besser zu unterscheiden, wer mögliche Verbündete für eine gute professionelle Praxis und/oder bessere Gesellschaft sind, mit denen eine Auseinandersetzung lohnt, und von wem bzw. von welchen Verhaltensweisen klare Abgrenzung notwendig und sinnvoll ist.

Beispiele meiner Auseinandersetzung mit Spannungsfeldern finden sich unter anderem im Podcast beyond-binary.net: Das Wollknäuel besprechbar machen. Suchbewegungen, Spannungsfelder und Ambivalenzen im Umgang mit (Cis)Sexismus, Feminismus und Transfeindlichkeit mit Zara Jakob Pfeiffer sowie in meinem Text Consent & Internalized Oppression + Questions for Self-Reflection.

Alleine und mit verschiedenen Kolleg*innen biete ich auch öfter Seminare an, die sich gezielt mit verschiedenen Spannungsfeldern beschäftigen.

Lernatmosphäre & Haltung zu meinen Adressat*innen

Grundsätzlich begreife ich meine Teilnehmenden, Kooperationspartner*innen, Klient*innen, Leser*innen und anderen Adressat*innen als potenzielle Verbündete für eine gerechtere Gesellschaft bzw. für mehr Inklusion/Gerechtigkeit in ihren Wirkungsfeldern, z.B. in ihrem Privatleben, ihren Communities, Institutionen, der Pädagogik, Bildungsarbeit, sozialen Arbeit oder Fachkräftebildung. Ich bemühe mich, ihnen Deutungs- und Lernangebote zu machen, die sie in einer entsprechenden Handlungsfähigkeit stärken und sie dazu einladen, diskriminierende bzw. anderweitig problematische gesellschaftliche Normalitäten und entsprechende eigene Bilder und Handlungsmuster zu hinterfragen.

Dabei ist mir eine wohlwollende, warme Lernatmosphäre wichtig – unter Angst und Stress lernt es sich schlecht.

In dieser Gesellschaft lernen viele von uns (eher: wir alle) problematische Umgangsformen (z.B. bestimmte Arten, Feedback und Kritik zu äußern oder zu vermeiden, Konkurrenzlogiken, Denken in Schuld und Scham etc.) und diskriminierende Sprach-, Denk- und Handlungsweisen.

Problematische Verhaltensweisen gehen in vielen (aber nicht allen) Fällen nicht auf verletzende oder diskriminierende Absichten zurück, sondern sind Ausdruck gesellschaftlicher Normalitäten. Eine Weiterentwicklung, um die eigenen Ansprüche an nicht-diskriminierende, grenzachtende und wertschätzende Kommunikations- und Verhaltensweisen auch in der Praxis umzusetzen, erfordert in meiner Erfahrung gemeinsame Bemühungen und auch die Bereitschaft, solidarische Kritik als Lernangebot zur Verfügung zu stellen und anzunehmen.

Es handelt sich hier um ein weiteres Spannungsfeld: Wenn im Bemühen um Wohlwollen einseitig Konflikte vermieden werden und dabei diskriminierendes, verletzendes und/oder gewalthaltiges Verhalten geduldet oder normalisiert wird, dann geht dies auf Kosten derer, die Verletzungen oder Diskriminierung erfahren und diese weglächeln sollen. Aber wenn wir uns allzu sicher sind, die einzig richtige Lösung zu haben und zu wissen, warum andere wie handeln und andere Menschen dabei allzu schnell zu Gegner*innen machen, vertun wir Lern- und Weiterentwicklungschancen und es wird schwer, solidarische Bündnisse und konstruktive Lernräume zu schaffen.

Ich bemühe mich um einen konstruktiven Umgang mit diesem Spannungsfeld zwischen Positioniertheit und einem Bewusstsein um meine eigenen Grenzen, also u.a. darüber, dass ich vieles nicht weiß und nicht wissen kann und selbst Lernende bin.

Aus all dem folgt für mich ein bewusstes Ausloten des Spannungsfeldes zwischen Fehlerfreundlichkeit, Care, Verantwortungsübernahme, solidarischer Kritik, kritischer Solidarität und klaren Grenzsetzungen. Wenn möglich, biete ich zu Beginn eines Seminars, einer Beratung, eines gemeinsamen Projekts oder im Laufe eines Texts Framings, um bestimmte Erfahrungen rahmen und Kritik wohlwollend und grenzachtend äußern und annehmen zu können, im Wissen darum, dass Wohlwollen nach erfolgten Verletzungen auch seine Grenzen haben kann. Ich bemühe mich bei genug Zeit in Gruppenprozessen zudem darum, über themenbezogene Kennenlernmethoden bzw. interaktive thematische Einstiege eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der herausfordernde Situationen leichter ver- und bearbeitet werden können.

Wenn Sie Lust haben, sich weiter mit Spannungsfeldern in der Gestaltung von Lernprozessen zu Diskriminierung zu beschäftigen, empfehle ich Ihnen zum einen einen Blick in meine öffentlich ausgeschriebenen Veranstaltungen, in denen ich mich (oft gemeinsam mit Iven Saadi) mit diesen Themen befasse. Zum anderen empfehle ich den Dissens-Podcast Alles für Alle, in dem sich in Folge 10 und 11 meine Kolleg*innen Vivien Laumann, Andreas Hechler, Ulla Wittenzellner und Sarah Klemm mit Dilemmata in der Gestaltung solcher Lernprozesse beschäftigen sowie die Folgen 12-14, in denen Iven Saadi und ich mit Ulla Wittenzellner und Sarah Klemm über die Gestaltung von Lernprozessen zu Diskriminierung sprechen (Informationen zu allen Beteiligten finden Sie auch unter Netzwerke und Empfehlungen).

Auch zum Thema Lernatmosphäre und Haltung zu Adressat*innen biete ich gerne alleine und in Kooperation mit verschiedenen Kolleg*innen Seminare an.

Braver Spaces versus Safer Spaces

Ein Kern meiner Arbeit ist die Stärkung individueller und kollektiver herrschaftskritischer sowie empowernder Handlungsoptionen unter Bedingungen gesellschaftlicher Ungleichheit und Diskriminierung. Es beschränkt die Beschäftigung mit Ungleichheit, Normierungs-, Diskriminierungs- und Privilegierungserfahrungen sowohl in Bezug auf Analyse als auch in Bezug auf Wirksamkeit, wenn um jeden Preis vermieden werden soll, dass schmerzhafte Erinnerungen oder Gefühle aufgerufen werden.

Ich biete Lernräume (im Unterschied z.B. zu verschiedenen Formaten von Therapie oder Selbsthilfe). Mein Ziel ist also, zu Lernerfahrungen und einer Weiterentwicklung der eigenen Praxis anzuregen. Aus meiner Sicht leiden solche Prozesse, wenn die Priorität darauf liegt, den Umgang mit Schmerz zu vermeiden. Eine solche unbedingte Vermeidung reiht sich zudem meines Erachtens in neoliberale, patriarchale, bürgerliche, weiße, ableistische etc. Logiken ein, die Coolness und Gelassenheit fetischisieren und übersehen, dass eine Beschäftigung mit Emotionen, Schmerz und Verletzlichkeit wertvoll und unter anderem Teil von Professionalität ist und dass die Abwehr einer solchen Auseinandersetzung insbesondere in der Pädagogik oft auf Kosten der Adressat*innen, anderer Menschen oder der eigenen Person geht. Eine akzeptierende Beschäftigung mit Emotionen wie Glück, Hoffnung, Wut, Trauer oder Schmerz kann die eigenen Perspektiven erweitern, Kraft freisetzen, transformative Lernerfahrungen ermöglichen, die Handlungsfähigkeit in Bezug auf unbewusste Muster stärken, den menschlichen, professionellen bzw. politischen Blick erweitern und Empathie sowie Abgrenzungsfähigkeit stärken.

Gleichzeitig kann eine allzu leichtfertige oder gar überwältigende Konfrontation mit schmerzhaften Themen zu Ausschlüssen bestimmter Adressat*innen mit biografischen Belastungs- bzw. Diskriminierungserfahrungen aus Lernräumen führen bzw. destabilisierend und/oder retraumatisierend wirken. Auch hier haben wir also mit einem Spannungsfeld zu tun, in dem Bildungsarbeiter*innen/Pädagog*innen eine große Verantwortung zukommt.

Ich wäge im Zuschnitt eines Angebots immer Potenziale, Risiken und Nebenwirkungen verschiedener Herangehensweisen im Spannungsfeld zwischen Schutz, Achtsamkeit und Weiterentwicklungsangeboten ab, die auch aus der Komfortzone hinausführen und so transformatives Lernen ermöglichen können. In Bildungsformaten ermögliche ich in der Regel viel Gestaltungsfreiheit für die Einzelnen.

Die meisten meiner Fachkräftebildungsangebote würde ich eher als Braver Spaces denn als Safer Spaces beschreiben – wie gesagt: geleitet von den Werten Freiwilligkeit und Gestaltungsfähigkeit. Dabei gehe ich bei Menschen in Positionen mit Verantwortung für und Autorität über andere Menschen von einer größeren Notwendigkeit aus, sich auch mit den eigenen Ausblendungen zu beschäftigen. Bei unfreiwilligen Teilnehmenden in Zwangsgemeinschaften (zum Beispiel Schulklassen), und bei Menschen, die möglicherweise besonders herausgefordert sind, sich von meiner Autorität abzugrenzen (z.B. deutlich jüngere Menschen oder Menschen, die ich bewerte) tendiere ich zu noch größerer Vorsicht. Ich bemühe mich in allen Fällen darum, eventuelle herausfordernde Gefühle und Erfahrungen möglichst gut aufzufangen.

Gemeinsam mit Iven Saadi und alleine biete ich auch Seminare an, die sich mit Abwägungen zwischen Braver und Safer Spaces beschäftigen. Sie finden unsere Gedanken auch in diesem Text:

Debus, Katharina/Saadi, Iven (2023):
Verletzlichkeit und Lernen zu Diskriminierung. Anregungen und Gedanken zu Safer und Braver Spaces in der Bildungsarbeit.
https://katharina-debus.de/material/texte-direkt-auf-der-website/verletzlichkeit-und-lernen-zu-diskriminierung/.

Gefühle im Lernen zu Komplexität, gesellschaftlicher Ungleichheit und Diskriminierung

Wir entwickeln in unserem Aufwachsen und über unser ganzes Leben unsere Persönlichkeiten, Selbst- und Fremdbilder, Beziehungen, Zukunftspläne und unser Verhältnis zur Welt unter gesellschaftlichen Bedingungen, unter anderem unter Bedingungen von gesellschaftlicher Ungleichheit und Diskriminierung.

Lernprozesse zu diesen Themen haben daher das Potenzial, uns tief zu berühren. Sie können einerseits beglücken, neue Welten erschließen und uns ermutigen, Dinge als gestaltbar zu begreifen, die uns und/oder anderen Menschen schaden. Sie können aber auch desorientierend wirken, Dinge in Unordnung bringen, unsicher, traurig oder wütend machen bzw. diese oft verdrängten Gefühle spürbar werden lassen. Frigga Haug spricht hier davon, dass Lernen Erfahrungen in die Krise führt und Raewyn Connell spricht von Gender Vertigo bzw. geschlechtsbezogenem Schwindelgefühl.

Je nach thematischem Zuschnitt und Format bemühe ich mich daher nach Möglichkeit, in Lernprozessen und Praxisbegleitungen Raum für den Umgang mit diesen Gefühlen zu schaffen, da sie einerseits Lernblockaden bedingen und andererseits Kräfte und Ressourcen freilegen können. Und ich bemühe mich auch hier um Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des Freiwilligkeitsprinzips für meine Adressat*innen.

Alleine und gemeinsam mit Iven Saadi biete ich auch immer wieder Seminare an, die sich mit Emotionen im Lernen zu Diskriminierung beschäftigen.

Blumenstrauß an Deutungsangeboten und Handlungsoptionen

Die Realitäten in meinen Themenfeldern sind wie gesagt komplex. Entsprechend habe ich nicht den Anspruch, meinen Adressat*innen einfache Wahrheiten zu ‘verkaufen’ – ich gehe davon aus, dass diese zwangsläufig an ihren komplexen Realitäten vorbeigehen müssten.

Ich arbeite oft mit bzw. schreibe für relativ heterogene Gruppen und erlebe diese Heterogenität in der Regel als bereichernd für alle Beteiligten im Sinne eines Voneinander-Lernens.

Mein Ziel ist es, meinen Adressat*innen einen Blumenstrauß an Deutungsangeboten zum besseren Verstehen ihrer Realitäten und/oder Handlungsoptionen anzubieten, der für alle inspirierende Anregungen beinhaltet. Ich lade sie dazu ein, aus diesem Blumenstrauß Anregungen auszuwählen, die sie als hilfreich für die Weiterentwicklung ihrer Analyse und Praxis empfinden, Emotionen und Irritationen als Anregungen für weitere Reflexionen und Beschäftigungen zu verstehen und Eigenverantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen.